Ob das alles bedeutet, dass auch die immer wieder von Hugo Egon Balder ins Gespräch gebrachte Sendung “Der Klügere kippt nach” eine gute Idee wäre, heißt das natürlich noch lange nicht, denn natürlich gab und gibt es immer wieder Ausnahmen.

Psst. Auf dem Bild ist etwas Verbotenes zu sehen.

Psst. Auf dem Bild ist etwas Verbotenes zu sehen.

Das schrieb ich vor über drei Jahren, als ich mich das erste Mal mit Alkohol im Fernsehen – den ich bekanntlich durchaus befürworte – beschäftigte.

Heute, 2015, ist die Sendung Wirklichkeit. Beziehungsweise war es. Denn gleich läuft die letzte Folge der ersten Staffel. Die letzte Chance für Tele 5 mich davon zu überzeugen, dass es vielleicht doch eine gute Idee war. Und ich nicht Recht behalte.

Denn auch wenn alle Beteiligten in den bisherigen Ausgaben sichtbar Spaß hatten: Mir als Zuschauer hat die Sendung nicht gefallen. Und nein, das lag nicht am Alkohol.

Auch die oft viel zu laute Hella von Sinnen war nicht das Problem der Sendung. Sie war nicht selten eine Art Stimme der Vernunft.

Genau DAS war eines der Grundprobleme der Sendung: Die Nicht-Stammgäste. Also alle Talkgäste außer Hella von Sinnen. Viel zu oft waren sie entweder völlig zurecht unbekannt und hatten wenig zu erzählen. Oder sie waren zumindest mir bekannt, wollten aber irgendwas – und sei es nur ihre öffentliche Persönlichkeit – verkaufen. Beide waren zum Beispiel in der vergangenen Woche vertreten: Lina Van de Mars sagt mir persönlich nichts – und die Sendung machte mir auch keine Lust darauf, mich mit Ihrer Person zu beschäftigen. Desirée Nick hingegen sagte mir schon etwas, die Frau war aber so anstrengend, dass Hella von Sinnen wie ein Sedativum wirkte.

Dritter im Bunde war übrigens Comedian Bodo Bach, der mit zunehmendem Alkoholkonsum immer unterhaltsamer wurde. Eben weil er sich mehr und mehr herauszog und anfing, Türme aus leeren Gläsern zu bauen.

Denn an dieser Stelle passierte das, was diese Sendung ausmachen sollte: Der Bruch mit den Konventionen der Talkshow-Industrie. Das Aussteigen aus der Diskussion durch einen Gast.1

Aber das gab es nicht so häufig. Vielleicht noch, als Serdar Somuncu Wolfgang Trepper angriff. Und das ist das zweite große Problem der Sendung.

Denn Moderator Wigald Boning hielt sich viel zu sehr an seinen Moderationskarten fest, wollte möglichst viele der von der Redaktion vorgegebenen Themen durcharbeiten. Und gab seinen Gästen viel zu wenig Raum. Er war, so kann man es im Zusammenhang mit dieser Sendung wohl sagen, ein schlechter Gastgeber.

Hätte er sich einige Wochen vorher mal etwas abgeschaut bei einer anderen Gastgeberin, in deren (natürlich nicht wirklichen) Wohnung er vorbeischauen durfte. Auch bei Sarah Kuttner gibt es Alkohol (und Essen, dass mich regelmäßig neidisch macht), aber die Gastgeberin interessiert sich für ihre Gäste und lässt sie (aus)reden. Und versucht nicht, irgendwelche Themenlisten abzuarbeiten.

Vielleicht ist „Der klügere kippt nach“ der beste Beweis, dass Alkohol und gute Fernsehunterhaltung zwar durchaus korrelieren können – aber eben in keinem Kausalzusammenhang stehen. Und das eine folgt ja nicht zwangsläufig aus dem anderen.

Ganze Folgen von „Der Klügere kippt nach“ kann man auf der Tele-5-Webseite anschauen.


  1. Zugegebenermaßen nicht ganz so actionreich wie Nikel Pallat 1971. 


Andere Seiten 1/2015

Donnerstag, 9. April 2015 um 22:09 Uhr; Kategorie Linking. 1 Kommentar.

Ich habe zwar noch eine hohe zweistellige Zahl an Artikeln auf meiner Leseliste. Aber bevor ich das hier noch weiter aufschiebe, schreibe ich hier schon einmal die (ganz subjektiv) besten Texte (und ein Video) aus den vergangenen Monaten auf. Und ja, mir ist bewusst, dass da ganz schön viele Texte aus der Zeit dabei sind.

Politik

Ja, wieder hat es John Oliver in die „Anderen Seiten“ geschafft. Sein Besuch bei Edward Snowden ist einfach das beste, was ich an politischem Journalismus in den vergangenen Monaten gefunden habe. Denn endlich macht jemand auch dem letzten klar, wieso es eben nicht egal ist, dass wir alle von der NSA ausspioniert werden.

Wirtschaft

„Die Kassierer“ (Zeit Online, 21. Februar): Sind wir nicht alle ein bisschen Mittelschicht? Oder behaupten es zumindest? Und zahlen wir nicht alle zu viele Steuern und bekommen dafür viel zu wenig? Dass da eine Fehleinschätzung vorliegt, zeigt Stefan Willeke in seinem langen Text. Schließlich profitiere gerade die Mittelschicht von Elterngeld, Ehegattensplitting und dergleichen.

„Ein Prost auf Kim Jong-Un“ (Zeit Magazin, 27. März): Ich mag ja Geschichten über Nordkorea. Meistens sind es Reisereportagen über ein Land, in das man sonst keine Einblicke bekommt. Noch einmal ganz andere Einblick bekommt man aber, wenn man dem Beginn eines großen Geschäfts mit Nordkorea verfolgt. Auch wenn am Ende … ach, lest selbst!

Kultur

„Auf dem Weg“ (Zeit Magazin, 19. Februar): „Das, was Art Garfunkel unbedingt zu Ende bringen will, ist ein irrsinniges und tolles Projekt: Seit 1998 durchquert er zu Fuß Europa“, schreibt Anna Kemper im Zeit-Magazin. Sie begleitet ihn auf einer seiner letzten Etappen – und erzählt in ihrer Reportage nicht nur die Geschichte eines Musikers, sondern auch die eines Menschen, der Dinge, die er einmal angefangen hat, um jeden Preis auch abschließen will. Vielleicht sollten wir alle in bisschen mehr wie Art Garfunkel sein.

Gesellschaft

„The death of Queen Elizabeth will be the most disruptive event in Britain in the last 70 years“ (Business Insider, 6. März): Man möchte nicht daran denken, aber Queen Elizabeth ist nicht mehr die Jüngste. In nicht einmal zwei Wochen wird sie 89 Jahre alt.1 Und beim Business Insider haben sie mal recherchiert, was sich dann alles in Großbritannien ändern wird. Die Nationalhymne ist dabei nur der Anfang.

„Bevor es Nacht wird“ (Faz.net, 3. Januar): Ebenfalls um den Tod älterer Frauen geht es in Yvonne Staats Reportage für die FAS. Kunstvoll verwebt sie darin die Geschichte zweier Seniorinnen, die zwar beide nicht mehr lange zu leben haben, deren Lebensabend aber nicht unterschiedlicher sein könnte: „Gerda sagt: ‚Ich ertrage das Leben nicht mehr. Es ist furchtbar.‘ Sie kann stundenlang so reden, und jedes Mal wird ihre Stimme dabei ganz hart. […] Elli sagt: ‚Ich habe von allem gehabt. Es ist jetzt gut.‘ Sie schließt die Augen und lächelt.“

Reise

„Der vermessene Reprua“ (taz.de, 16. Februar): „Wo kann man heute noch Entdecker sein?“ fragt Sebastian Erb in seinem Text. Und findet einen Ort: Den Reprua, einen kleinen Fluss in Abchasien (Je nachdem, wen man fragt, ein unabhängiges Land oder ein Teil Georgiens). Den angeblich kürzesten der Welt. Weil er aber keine anständige Quelle findet, fliegt Erb hin, um den Reprua zu vermessen. Eine herrlich absurde Reisegeschichte.

Sport

„Immer auf Asche“ (Zeit Online, 6. Januar): Mehr Fußballromantik geht wohl nicht als in Lucas Vogelsangs Geschichte über Menschen, die ihr halbes Leben (oder mehr) auf dem Ascheplatz verbracht haben. Über einen Torwart, der „schon die Mauer gestellt [hat], als die Mauer noch stand.“ Über einen Spieler, der „fast mal zu Borussia Mönchengladbach gegangen [wäre], nach ganz oben.“ Und über ganz viel Emotionen auf Bottrops Fußballplätzen.


  1. Dass ich auf den Tag genau 60 Jahre jünger bin als die Queen, könnte eine Rolle bei meiner Begeisterung für die europäischen Monarchien spielen. 


Der bessere Liveticker

Sonntag, 29. März 2015 um 17:24 Uhr; Kategorie Thinking. Keine Kommentare.

Über die Medienberichterstattung zum Absturz der Germanwings-Maschine am Dienstag ist viel geschrieben worden – da brauche ich nichts mehr hinzuzufügen. Auch wenn ich mehrfach diese Woche – pardon – das kalte Kotzen bekommen habe und mich manchmal für meinen Beruf geschämt habe.1 Und immerhin 30 Prozent der Deutschen fanden die Berichterstattung unangemessen.

Manche Medien, wie auch Mats Schönauer in einem lesenswerten Beitrag für das BildBlog schreibt, haben aber auch einen guten Job gemacht. Besonders positiv aufgefallen sind mir dabei die „Was wir wissen – und was noch nicht“-Artikel. Sueddeutsche.de hatte so einen, die New York Times so etwas etwas ähnliches und auch die dpa hat seinen Kunden so etwas geliefert (siehe zum Beispiel bei den Ruhr Nachrichten.)2

Ich mag diese Art von Artikeln. Denn sie ist zum einen schnell – Informationen können in wenigen Sätzen zusammengefasst werden, bei einer sich verändernden Nachrichtenlage können die eher kurzen Splitter schnell editiert werden, ohne gleich einen ganzen Text umformulieren zu müssen. Zum anderen sind sie für den Leser übersichtlich – man sieht auf einen Blick, was wichtig ist, um mitzureden, aber auch, was eben noch nicht feststeht.

Vor allem aber ist ein solches Format ehrlich: Journalisten wissen eben auch nicht alles, vor allem nicht sofort. Und gerade nach dem Flugzeugabsturz am Dienstag wurde genau aus diesem Grund viel zu schnell viel zu viel spekuliert, weshalb es zu dem Absturz kam. Für solche Spekulationen ist in einem „Was wir wissen – und was noch nicht“ ganz einfach keinen Platz.

Ich bin der festen Überzeugung, solche Artikel könnten die besseren Liveticker sein. Vielleicht noch ergänzt mit einer Möglichkeit, automatisiert auf Punkte aufmerksam zu machen, die seit dem letzten Besuch von der „Was wir noch nicht wissen“-Liste auf die „Was wir wissen“-Liste gewandert ist oder komplett neu aufgenommen wurde.

Übrigens dürfte eine solche immer wieder aktualisierte Liste auch zur Leserbindung beitragen. Denn schreit nicht ein Punkt auf der „Was wir noch nicht wissen“-Seite gerade: „Komm wieder, denn bald wissen wir es bestimmt!“?


  1. Ob ich wirklich noch Journalist bin, ist eine andere Frage. Ich verstehe mich auf jeden Fall noch als einer. 

  2. Ich meine das noch wesentlich häufiger gesehen zu haben, finde die Links aber nicht mehr. 


Andere Seiten: Die besten Artikel 2014

Montag, 16. Februar 2015 um 21:07 Uhr; Kategorie Linking. 1 Kommentar.

2014 ist mittlerweile seit ein paar Tagen vorbei. Genaugenommen seit eineinhalb Monaten. Und dieser Artikel sollte eigentlich auch schon vor einem Monat erscheinen. Aber Ihr1 wisst ja wie das ist. Neuer Job, neue Wohnung, Dienstreise, etc. pp.

Deshalb, ohne lange Umschweife: Die subjektiv besten Texte des Jahres 2014. (Archiv2: 2013 | 2012)

Politik

Die letzten Meter der Reise (Nils Minkmar bei faz.net, 29.11.): Der Umgang mit Flüchtlingen war eines der Themen des Jahres 2014. Noch-FAZ-Mann Nils Minkmar weist in seinem Text unter anderem darauf hin, dass die gesetzlichen Regelungen, so wie sie momentan sind, gerade dazu auffordern, auf gefährlichen Wegen nach Deutschland zu kommen. Und er hat einen Lösungsvorschlag: „Warum ist es nicht möglich, in einem Lager wie Zaatari eine Außenstelle europäischer Einwanderungsagenturen zu unterhalten, die prüft, wer und wie viele wohin genau könnten – und sie darauf auch noch mit einem Sprachkurs vorbereitet?“ Und: „Es würde der Kanzlerin und uns allen besser stehen, sich der Frage mit mindestens jenem Optimismus zuzuwenden, der die Migranten beflügelt.“ Ein toller, ein wichtiger Text!

Inside the 11-Story Building That’s Calling Itself the People’s Republic of Donetsk (Julia Ioffe bei The New Republic, 21.5.): Eine gute Reportage kann einen auch bei einem schwierigen Thema zum Lachen bringen. Julia Ioffes Text über die Bürokratie in der „Volksrepublik Donetsk“ schafft genau das. Ioffe schildert, wie es dort aussieht – kurze Zeit, nachdem die Separatisten ihre Unabhängigkeit von Kiew erklärt haben: „[…] we’d gotten to see the sights of the Donetsk People’s Republic, which says it wants to join Russia. By the time we got outside, though, I realized it doesn’t need to. It’s already Russia, through and through.“

Wirtschaft

Herr Hibbe macht zu (Henning Sußebach bei Zeit Online, 10.7.): Eine Geschichte, wie sie in fast jeder deutschen Kleinstadt spielen könnte: Das Kaufhaus macht zu. Das ist nicht nur ein Schlag für die Mitarbeiter, sondern für die ganze Stadt: „Im Kaufhaus Hibbe hatten Kinder ihr erstes Rolltreppenerlebnis, es gibt bis heute keine zweite Rolltreppe im Ort. Im Kaufhaus stritten Teenager und Eltern über die Frage ‚Cord oder Jeans?‘, bis irgendeine Verkäuferin mit der Autorität einer Verbraucherzentrale ihr Urteil fällte. Im Kaufhaus fielen Lebensentscheidungen: Pelikan oder Geha? Uhu oder Pritt? Puma oder adidas? Wurde ein Konfirmationsanzug gesucht, dann im Kaufhaus.“ Das alles ist nicht neu – aber Henning Sußebach schreibt es mit der gebotenen Ruhe und Würde, einem Schuss Nostalgie, aber eben auch mit einem Sinn für die neuen Realitäten im Einzelhandel – zu denen auch Sockenhändler im Internet gehören.

Kultur

Die Banalität der Böhsen (Arno Frank bei Spiegel Online, 22.6.): Böse Menschen kommen in die Hölle, die Hölle auf Erden ist bei den Böhsen Onkelz auf dem Konzert. So sieht es zumindest Arno Frank und beschreibt seine Erlebnisse bei einem der Comeback-Konzerte der Onkelz im Sommer am Hockenheimring. Man erfährt von der „Kirmeskapelle aus der Hölle“ (Limp Bizkit), „Deutsche Brüste“ und dem vermutlichen Schlüssel des Onkelz-Erfolges. Und vermeidet es dabei, die Onkelz und ihre Fans pauschal als rechtsradikal zu bezeichnen: „Gewiss ziehen die Onkelz neben anderen Unverstandenen auch Rechtsradikale an. Aber das tut die deutsche Nationalmannschaft auch.“

Medien

Journalismus unter Verdacht (Stefan Niggemeier bei faz.net, 2.11.): Jeder Fehler, den Journalisten machen, wird heute gnadenlos im Internet von jemandem verbessert, der es besser weiß. Das ist gut. Dass es meist Verschwörungstheorien gratis dazu gibt, ist eher unschön. Aber daran – und am Vertrauensverlust generell – sind die Medien selbst nicht unschuldig. Denn es fehlt ihnen an Transparenz. Und an der Fähigkeit zur Selbstkritik. Stattdessen: „Bei der ‚Tagesschau‘ haben sie eine einfache Antwort auf schwere Fragen: die Quote.“

Sport

Das beste journalistische Erzeugnis des Jahres zum Thema Sport war definitiv ein Video:

Gesellschaft

Heute ein fieser Möpp (Dirk Gieselmann im Dummy #45): Dirk Gieselmann, nach eigenen Angaben ein netter Typ, versucht, eine Woche lang ein Arschloch zu sein. Und das ist schwieriger als gedacht, denn: „Bösesein ist nichts für Anfänger.“ Der vielleicht lustigste Text des Jahres.


  1. Insbesondere die von euch, die schon früher meine Blogs gelesen haben 

  2. Beim Blick ins Archiv fällt mir auf, dass das Jahr 2014 nicht so gute Texte hervorgebracht hat wie die Vorjahre – oder ich sie einfach nicht gelesen habe. Also, wenn ihr noch welche kennt: Her mit den Links! 


Gefälschte Weine

Mittwoch, 11. Februar 2015 um 22:34 Uhr; Kategorie Linking. Keine Kommentare.

Ja, ich weiß: Es ist schon Mittwoch. Aber ich habe leider heute erst den Tatort „Château Mort“ (lässt sich noch bis Sonntagmorgen ansehen) gesehen.

Mein Highlight:

Denken Sie an die Hochzeit zu Kanaan. Wäre irgendjemand im Traum auf die Idee gekommen, Jesus Christus als Fälscher zu bezichtigen, als er Wasser in Wein verwandelte?  (Felix von Manteuffel als Hans Lichius, Minute 52)

Überhaupt habe ich mir den Tatort überhaupt noch angesehen, weil es um Weinfälschung geht. Und seit ich vor einigen Jahren mal las, wie das mit dem Weinfälschen funktioniert, bin ich von dem Thema fasziniert:

How would you fake wine, anyway? You could blend two vintages, say a bottle of ’81 Pétrus (average auction price: $1,194) and a bottle of ’83 Pétrus ($1,288), to make two bottles of ’82 Pétrus ($4,763 each). It would be the right wine and taste the right age; even if it didn’t taste exactly like ’82, it wouldn’t taste exactly like ’81 or ’83 either. Close enough.

(Weiter beim New York Magazine)


Mit der App durch Londons Pubs

Montag, 2. Februar 2015 um 20:39 Uhr; Kategorie Drinking. 1 Kommentar.
Ein Sharp "Doom Bar" im Red Lion Pub in London.

Ein Sharp „Doom Bar“ im Red Lion Pub in London.

Vergangene Woche war ich auf Dienstreise. Zum ersten Mal. In London. Ebenfalls zum ersten Mal.1

Tagsüber musste ich arbeiten, abends hatte ich dafür umso mehr Zeit, die Londoner Pubs kennenzulernen.

Kleiner Exkurs: Gute Biere trinke ich schon seit vielen Jahren gerne. Allerdings bis vor wenigen Jahren bei weitem nicht jede Sorte. Hell musste es lange sein: Pils, Kölsch, Weizen. Beim Haldern 2011 habe ich dann Altbier für mich entdeckt, 2013 im Irland-Urlaub dann auch Guinness und Co.

Deshalb habe ich London auch nicht ein einziges Mal – wie so viele Einheimische – Lager aus dem Ausland bestellt, sondern nur sogenannte „Cask Ales“. Ales also, die auf eine bestimmte Art und Weise gelagert und gezapft werden müssen – vor allem ohne die Hilfe von Kohlensäure oder ähnlichem.

Pure UBU im The Globe.

Pure UBU im The Globe.

Weil das ein gewisses Können verlangt, gibt es für diese Biere eine Extra-Zertifizierung – über die ich zufällig am Wochenende vor meiner Abreise in einem Brand-Eins-Artikel gelesen hatte. Nur die Pubs, die es drauf haben, bekommen das „Cask Marque“-Abzeichen. Und nur diese Pubs werden in der zugehörigen (kostenlosen) App (itunes-link|playstore-link) aufgeführt, die dadurch ein exzellenter Kneipenführer (vermutlich nicht nur) in London ist.

So trank ich mich dann in der vergangenen Woche von einem Black Sheep Bitter im Flying Horse an mehreren Abenden über ein Adnam’s Ghost Ship im Red Lion hin zu einem Sharp’s Doom Bar im Sugar Loaf. Und aß zwischendurch Bangers’n’Mash, Burger und Curry. Gesund war das nicht, Spaß gemacht hat es aber auf jeden Fall.

Welches der Biere am besten war? Keine Ahnung – sie waren sehr unterschiedlich2, haben aber alle sehr gut geschmeckt.

Und ohne die „Berufstrinker“, die die Cask-Marque-Datenbank füllen, hätte ich mich an den Londoner Abenden vielleicht gelangweilt. Zumindest hätte ich wesentlich weniger von der Stadt gesehen.

(Hier gibt’s mehr Infos zur Cask-Marque-Plakette.)


  1. Na ja, zumindest zum ersten Mal für länger als ein paar Stunden. 

  2. Kein Wunder – die einen waren Ales, die anderen Bitter, ein Pale Ale war auch dabei. 


Mit Zahlen gegen die Angst vor dem Islam

Dienstag, 20. Januar 2015 um 20:56 Uhr; Kategorie Linking. Keine Kommentare.

Look, this article is not going to change the media’s business model. But what I hope it does is cause some to realize that not all terrorists are Muslims. In fact, they are actually a very small percent of those that are. Now, I’m not saying to ignore the dangers posed by Islamic radicals. I’m just saying look out for those refrigerators.

(Dean Obeidallah bei The Daily Beast)

(via)


Die beste aller Zeiten

Mittwoch, 7. Januar 2015 um 10:08 Uhr; Kategorie Thinking. Keine Kommentare.

„A quick recap of the week: Everything is still fucked.“ Zumindest sinngemäß beginnt so gefühlt jede zweite Folge von „Last Week Tonight“, der vielleicht besten Comedy- und Nachrichtensendung, die es momentan gibt. Ebola, IS, Pegida: Das Jahr 2014 brachte jede Menge schlechte Nachrichten. Dazu kommt: Witze lassen sich eben am besten über das machen, was schlecht ist. Und kritisiert gehört.

Wie kommt also Ex-FAZ-Feuilletonchef und jetzt Europa-Kulturkorrespondent Nils Minkmar dazu, unter der Überschrift „Unser Glück“1 darüber zu schreiben, „dass das Jahr 2014 das beste aller Jahre war – und dass 2015 nicht schlechter wird?“ Ganz einfach: Weil es stimmt. Und weil es eigentlich offensichtlich ist. Vielleicht zu offensichtlich.

Älter, reicher, sicherer

In seinem Text liefert Minkmar schon einige Beispiele, woran festzumachen ist: Fast alle Krankheiten befinden sich auf dem Rückzug, die Rechte von Minderheiten haben sich fast überall auf der Welt (bei sicherlich noch bestehendem Verbesserungsbedarf, keine Frage) in einem Maße verbessert, der noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen wäre. Selbst die Kriminalität ist in fast allen Kategorien gesunken. Die Lebenserwartung ist weltweit gestiegen – selbst in den am wenigsten entwickelten Ländern der Erde werden die Leute heute älter als hierzulande vor 200 Jahren.

Noch mehr Beispiele, wieso wir uns eigentlich freuen sollten über die Zeit, in der wir leben, liefert unter anderem vox.com: Weniger Hunger auf der Welt, weniger Kinderarbeit, weniger Armut. Und vieles mehr. Auch an anderer Stelle in der FAS vom Wochenende wird man fündig. So findet sich im Politikteil die Information, dass es in Deutschland immer weniger Verkehrsunfälle und weniger Tote gibt.2

Uns geht es gut!

Hans Rosling, schwedischer Professor für internationale Gesundheit, den der Spiegel vor ein paar Monaten mal porträtierte, liefert ebenfalls Daten zum erfreulichen Zustand der Welt:

Die Liste könnte man noch ewig fortführen. So sind die Menschen in fast allen Ländern in den vergangenen Jahrzehnten intelligenter geworden (Flynn-Effekt), und dank Internet im Zweifelsfall auch besser informiert.3

Uns geht es also allen verfügbaren Daten zufolge ziemlich gut. Auf der ganzen Welt – und ganz besonders in Deutschland. Deutschland ist eines der reichsten Länder der Erde und wie kein zweites durch die diversen Eurokrisen der vergangenen Jahre gekommen.4

Wann war früher alles besser?

Uns geht es gut – und doch glauben nicht wenige, dass früher alles besser war. Wann dieses Früher gewesen sein soll? Keine Ahnung. In den 90ern? Also zur Zeit des Völkermordes in Ruanda und der Jugoslawienkriege? Den 80ern – als in weiten Teilen Osteuropas Demokratie noch ein Fremdwort war? Oder doch schon im 18. oder 19. Jahrhundert, als man fast überall auf der Welt noch den Launen seines Fürsten ausgeliefert war, aber zum Glück auch nicht zu alt wurde?5

Wenn es uns aber so gut geht, wieso sind wir so unzufrieden? Auch, weil die Medien es so vorleben. „Bad news sell“, wird Hans Roslings Ehefrau Anna im Spiegel zitiert. Und: „Man kann auf einem langen Zeitstrahl, der insgesamt positiv verläuft, lauter negative Ereignisse isolieren. So gehen Medien vor.“ Damit hat Anna Rosling nicht ganz Unrecht. Der Nachrichtenfaktor „Negativität“ ist in der Praxis oft einer der stärksten. Negative Berichte wirken fast automatisch seriöser und wichtiger als positive. Das führt dann dazu, dass etwas wie die World-Press-Foto-Ausstellung zu einem alljährlichen „Worst of“ der Krisen und Katastrophen der Welt wird. Dass die Ärzte mit der Zeile „Die Tagesschau ist nicht mein Fall – nichts als Mord und Massensterben überall“ auch heute noch Recht behalten. Und dass wir uns fühlen, als lebten wir in der Hölle.

Die Lösung? Gibt es nicht. Aber man sollte sich dann doch manchmal einfach bewusst machen, welches Glück wir haben, im Heute zu leben. Und vermutlich auch in der Zukunft.


  1. Der Artikel ist leider noch nicht online. 

  2. Auch der Text ist (noch?) nicht Online. Die Info findet sich aber auch an anderer Stelle

  3. Darauf werde ich an anderer Stelle demnächst nochmal eingehen. 

  4. Dass das auch auf Kosten der südeuropäischen Krisenländer passierte, ist ein anderes Thema. 

  5. Mehr Jahre, in denen man nicht hätte leben wollen, beim Guardian und beim Atlantic


Die Tweets des Jahres 2014

Samstag, 3. Januar 2015 um 14:17 Uhr; Kategorie Linking. Keine Kommentare.

Angela Merkels Skiunfall, Pegida und natürlich Fußball. Beobachtungen, Grafiken und schlechte Wortwitze. Gerade hatte ich eine sehr spaßige halbe Stunde, als ich durch die von mir favorisierten Tweets aus dem vergangenen Jahr gestöbert habe. Und diesen Spaß möchte ich euch nicht vorenthalten, deshalb hier eine – zugegebenermaßen immer noch sehr umfangreiche – Liste der völlig subjektiv besten Tweets des Jahres 2014. Mehr…


Drinking Ebbelwoi

Freitag, 2. Januar 2015 um 15:35 Uhr; Kategorie Drinking. Keine Kommentare.

Afficionado ist vielleicht ein bisschen hochgegriffen. Aber ich trinke gerne. Gutes Bier, guten Kaffee, gute Limonade. Manchmal auch schlechten Kaffee und mittelmäßige Limonaden. Oder Wein (Pro-Tipp: Mit einem trockenen Pfälzer Riesling kann man wenig falschmachen.).

In der Rubrik „Drinking“ werde ich euch von meinen Erkundungen durch das Reich der Getränke mitnehmen, euch von tollen Getränken aus großen und kleinen Brauereien und Fabriken, aus nahen und fernen Ländern erzählen.

Nun bin ich nicht der Einzige, der so etwas macht. Munchies, das Foodblog der Hipster-Postille Vice, war zum Beispiel kürzlich in Frankfurt unterwegs und hat dort Äppler getrunken und dabei jede Menge über die Stadt und die Leute erfahren.

(Passend dazu: Mein Ohrwurm der vergangenen Wochen.)