Der bessere Liveticker

Sonntag, 29. März 2015 um 17:24 Uhr; Kategorie Thinking

Über die Medienberichterstattung zum Absturz der Germanwings-Maschine am Dienstag ist viel geschrieben worden – da brauche ich nichts mehr hinzuzufügen. Auch wenn ich mehrfach diese Woche – pardon – das kalte Kotzen bekommen habe und mich manchmal für meinen Beruf geschämt habe.1 Und immerhin 30 Prozent der Deutschen fanden die Berichterstattung unangemessen.

Manche Medien, wie auch Mats Schönauer in einem lesenswerten Beitrag für das BildBlog schreibt, haben aber auch einen guten Job gemacht. Besonders positiv aufgefallen sind mir dabei die „Was wir wissen – und was noch nicht“-Artikel. Sueddeutsche.de hatte so einen, die New York Times so etwas etwas ähnliches und auch die dpa hat seinen Kunden so etwas geliefert (siehe zum Beispiel bei den Ruhr Nachrichten.)2

Ich mag diese Art von Artikeln. Denn sie ist zum einen schnell – Informationen können in wenigen Sätzen zusammengefasst werden, bei einer sich verändernden Nachrichtenlage können die eher kurzen Splitter schnell editiert werden, ohne gleich einen ganzen Text umformulieren zu müssen. Zum anderen sind sie für den Leser übersichtlich – man sieht auf einen Blick, was wichtig ist, um mitzureden, aber auch, was eben noch nicht feststeht.

Vor allem aber ist ein solches Format ehrlich: Journalisten wissen eben auch nicht alles, vor allem nicht sofort. Und gerade nach dem Flugzeugabsturz am Dienstag wurde genau aus diesem Grund viel zu schnell viel zu viel spekuliert, weshalb es zu dem Absturz kam. Für solche Spekulationen ist in einem „Was wir wissen – und was noch nicht“ ganz einfach keinen Platz.

Ich bin der festen Überzeugung, solche Artikel könnten die besseren Liveticker sein. Vielleicht noch ergänzt mit einer Möglichkeit, automatisiert auf Punkte aufmerksam zu machen, die seit dem letzten Besuch von der „Was wir noch nicht wissen“-Liste auf die „Was wir wissen“-Liste gewandert ist oder komplett neu aufgenommen wurde.

Übrigens dürfte eine solche immer wieder aktualisierte Liste auch zur Leserbindung beitragen. Denn schreit nicht ein Punkt auf der „Was wir noch nicht wissen“-Seite gerade: „Komm wieder, denn bald wissen wir es bestimmt!“?


  1. Ob ich wirklich noch Journalist bin, ist eine andere Frage. Ich verstehe mich auf jeden Fall noch als einer. 

  2. Ich meine das noch wesentlich häufiger gesehen zu haben, finde die Links aber nicht mehr. 

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